08. Juli 2025
„3 leider bereit“ – Erlebnisse eines Wanderneulings
Bericht von Klaus Rieser
Ich schreibe diesen Bericht im Stehen …
(nicht wirklich, aber am Ende der Fahrt dachte ich, dass ich eine Woche nicht würde sitzen können)
Aber der Reihe nach:
Mittwoch, 18. Juni, 2025
Am Mittwoch den 18. Juli 2025 nachmittags treffen sich Barbara, Elisabeth, Emil, Linda, und meine Wenigkeit, Klaus, beim Verein um die Kahlenbergerdorf aufzuladen und das Gepäck zu kontrollieren. Ich lerne: Eine Zahnpasta für alle muss reichen. Aber ein Obelix-Kochkessel, Unmengen Wasser (und auch ein klein wenig Bier) sollen zusammen mit Zelten, Liegematten, Lebensmitteln, Kleidung etc. in unserem Boot Platz finden als wäre es ein Lastenkahn! Noch mehr schockt mich, dass Emil uns zutraut 180 km in drei Tagen zu rudern - bisher war der Hafen Korneuburg mein „Rekord“ gewesen.
...Unser geplanter Einstieg: Abwinden an der Donau. Kurz davor, beim „Landzeit-Restaurant,“ bemerken wir Gestank und müssen leider feststellen, dass der dieser „hausgemacht“ ist: Unser Auto qualmt, unten tropft fröhlich Diesel raus. Die Ruderfahrt scheint zu Ende, bevor sie begonnen hat, denn hier ist weit und breit kein Wasser und wir sitzen mit dem Anhänger fest. Glück im Unglück: in der Nähe ist ein ÖAMTC-Posten. Der gelbe Engel schleppt unser Boot zum Industriehafen von Enns, wo sich eine taugliche Rampe befindet! Überhaupt ein lauschiges Platzerl: Untertags Umschlagplatz für „Industrial Materials“, nachts anscheinend für andere Materialien. Freundliche „Fischer“ warnen uns vor der strengen Hafenmeisterin, aber wir bleiben unbelästigt. Der Kochtopf bleibt heute kalt, wir sind einfach froh, dass es am nächsten Morgen losgehen wird. So schade, dass das Auto von Emil und Linda defekt ist, was den beiden nicht nur Kosten verursacht, sondern weitere Scherereien. Danke Linda und Emil für Euren Einsatz!
Donnerstag 19. Juni 2025.
Am nächsten Morgen die freudige Überraschung: Der Start in den Tag erfolgt gemütlich mit Porridge und Löskaffee, einer isst Leberstreichwurst. Wir beladen das Boot, alles findet seinen Platz: Schwimmweste, Handy, Wasserflasche, Nussriegel. Ich staune, wie Kleidung, Liegematte, Schlafsack und mein Minzöl (!) unter meinem Sitz verschwinden. Zelte, Kochgeschirr und Essen werden in Bug und Heck verstaut. Fürs erste - und im Weiteren - steuern Emil beziehungsweise Linda, während Elisabeth und Barbara den Schlag machen. Ich selbst bin im „Kindersitz“ auf Position 3, wo ich dankenswerter Weise durchgehend bleiben darf. Es ist schon schwer genug, trotz Erschöpfung im Takt zu bleiben und halbwegs gerade zu sitzen. Daher auch meine Bereitschaftsmeldung „Drei leider bereit“. Es gibt aber auch Erholung unterwegs: Außer den Kurzpausen am Wasser machen wir auch „üppige“ Landstopps (1-2 pro Tag) zum Beine vertreten, Eis schlecken, und für die Systemerhaltung (Wasser, Bier nachfüllen).
Diese Wanderfahrt war das schmerzhafteste Sportereignis meines Lebens (obwohl ich schon mehrere Weitwanderungen absolviert habe). Aber: es war auch wunderschön. Ein unglaublich tolles Erlebnis auf einem so mächtigen Fluss zu wandern. Und der Spaß im Boot und an Land macht viele Schmerzen wieder wett.
Der erste Tag war vergleichsweise zahm, viel Strömung und Rückenwind, da purzeln die Kilometer. Auch die Staustufe Wallsee-Mitterkirchen läuft geschmeidig. Die Umtragestation ist allerdings gesperrt und wir kommen daher in die große Schleuse – aufregend. Nachmittags legen wir dann an einem hübschen Rastplatz an, wir holen Holz, schneiden Gemüse, Emil stellt den Kessel auf. Wir finden Abkühlung in der Donau.
Freitag, 20. Juni 2025
Der zweite Rudertag beginnt früher– Linda sitzt als erste am Strand und lernt für ihre Prüfung. Ich komme schwer in die Gänge, die Schmerzen an Hintern und Rücken erfordern viele Dehn- und Streckübungen. Während sich andere über Motorboote ärgern, habe ich mich manchmal fast gefreut, wenn es wegen Wellen zu „Blatt“-Pausen gekommen ist! Es ist übrigens nur ein einziges Mal Wasser ins Boot geschwappt.
Das Kraftwerk Ybbs-Persenbeug beschert uns heute ein unerfreuliches Abenteuer: Das Schleusenwasser wird so flott abgelassen, dass ein starker Sog entsteht. Emil kann das Boot nicht mehr parallel halten, das Heck driftet immer mehr in die Mitte der Schleuse und gerät in Kipplage. Emil muss den Hakenstab, mit dem er das Boot Leiterstufe für Leiterstufe nahe der Mauer hält, auslassen. Wir machen eine rasche Notwende, um das Boot im Sog zu positionieren. Uff, das hat sogar Emil und Linda aufgeregt.
Danach rudern wir durch die wunderschöne Wachau: Burgen und Dörfer am Postkartenufer, aber auch Ausflugsboote und starke Strömungen als Herausforderung für das Steuer. Mir wird der kräftige Wind in Erinnerung bleiben – der aus der falschen Richtung.
Auch heute gibt es nur zwei Pausen, abgesehen vom Mittagessen eine traumhafte Pause bei Weißenkirchen an einem Strand. Auch für die Übernachtung finden wir wieder einen romantischen Lagerplatz. Emil bekocht uns wieder hervorragend, Elisabeth hat alles nur Denkbare dabei. Einfach genial, wie wir gleich Flusspirat*innen am Feuer stehen, während wir den Ausflugsschiffen mit ihrem Rundum-Bordservice zusehen.
Samstag 21. Juni 2025
Sie sagten mir, dass der zweite Tag der schlimmste sei, danach ginge es aufwärts. Tatsächlich ist es heute leichter- haha, dank Barbara’s Voltarengabe. Gut, dass wir heute nur mehr 70 km bis zum Ruderverein Austria haben, inkl. 4x umtragen!. Ursprünglich angepeilt war, dass wir den letzten Tag triumphierend bei der Sternfahrt beim Ruderclub Pirat eintragen würden. Den Meldeschluss (16 Uhr) verpassen wir schließlich nur knapp, um 5 Stunden, obwohl wir die Pause beim Umtragen am Donaualtarm Althenwörth kurzhalten, weil das Wasser stinkt und uns eine Wasserschlange erschreckt. Nach Zwentendorf gibt uns das schwindende Tageslicht nochmal Drive. Nur noch zwei Umtragestellen bei Greifenstein. Wir mobilisieren unsere letzten Kräfte, ziehen Schwimmwesten mit Reflektorstreifen an und setzen Stirntaschenlampe als Warnlicht an. Wir erreichen den Ruderverein Austria im letzten Abendlicht.
Ich kann die nächste Wanderfahrt kaum erwarten. Nur gut, dass das noch länger hin ist, denn davor muss ich meinen gepeinigten Rücken und die riesigen Blasen kurieren. Liebe Barbara, Elisabeth, Emil, Linda: herzlichen Dank, dass ihr mich zu diesem unglaublichen Erlebnis mitgenommen habt! Ich werde inzwischen an meiner Rudertechnik arbeiten, damit ich nächstes Mal nicht solche Unmengen von Barbara’s Schmerzsalbe verbrauchen muss. AHOY!